Die Dialektische Systemtheorie

Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass die allgemeine Systemtheorie noch allgemeiner gemacht werden kann, wenn man dem Systembegriff die Unterscheidung System / Chaos hinzufügt. Sie steht ganz am Anfang an und gilt als die erste Leitunterscheidung der Dialektischen Systemtheorie.
Mit Hilfe dieser Erweiterung der DST ist das Konzept für alle Themen der Nachhaltigkeit gut gerüstet. Insbesondere das Verständnis der für die Nachhaltigkeit wichtigen präferenzorientierten Funktionssysteme wird dadurch leichter gemacht!

Die allgemeinen Präferenzen der Funktionssysteme können überdies selbst in ein System gebracht werden bzw. bringen sich dahin, weil sie Elemente des Präferenzsystems sind. Dieses Präferenzsystem kann ohne Mühe mit dem "Guten" der Philosophie wieder zusammengebunden werden, wie es z.B. zu Zeiten Platons war (siehe seine "Ideen"). Auch ist es möglich, das Präferenzsystem mit dem Begriff von "Gott" teilweise in Übereinstimmung zu bringen, weil die Religionen immer schon auch mit den höchsten und allgemeinen Präferenzen zu tun hatten.

Es ist sehr wichtig, hier die Schnittmenge der Allgemeinheit zu sehen: eine Religion kann nicht mehr als allgemeine Regeln verkünden, das machen aber z.B. die Menschenrechte auch. Z.B. ist das Recht auf Leben mit dem Gebot, du sollst nicht töten leicht in Übereinstimmung zu bringen. Der Punkt ist also: es ist für das Präferenzsystem nicht entscheidend, "woher" die Präferenzen kommen, sondern ob sie allgemein sind! Das bedeutet, sie können auch "empirisch" gewonnen werden, z.B. als Abstraktion der Wahrheit zur Allgemeinheit, Das gilt dann auch für das Recht, die Gesundheit u.v.a. mehr. Die Herkunft der Präferenzen aus der Gesellschaft ist auch die "Präferenz" dieses Konzeptes!

Die Unterscheidung System / Chaos der DST sehr weitreichend und verweist bis in die Religion, die davon redet, dass am Anfang alles leer und wüst war, das kann der Begriff des Chaos auch in sich begreifen. Denn der Begriff des Systems stellt sich dem Chaos gegenüber, behält ihn aber als "Schatten" immer bei sich. Die Bestimmungen des Begriffs müssen ja aus der Unbestimmtheit (Chaos) erst hervorgehoben werden, insofern verweist die DST (wie jede Theorie) immer auch ins Chaos zurück.

Es wird das Chaos auch in den präferenzorientierten FS ständig angeliefert, man denke z.B. an Krankheiten, die im Gesundheitssystem täglich neu eintreffen, um von der Krankheit (Chaos) wieder zur Gesundheit (System) zurückbehandelt zu werden. Darin zeigt sich die Funktion des Gesundheitssystems, von Krankheit wieder zur Gesundheit zurück zu "operieren".

Die Unterscheidung System / Chaos hat aber noch eine interessante "Eigenschaft": bestimmt man das Chaos als Unbestimmtheit, dann ist sie mit der Unendlichkeit "verwandt", d.h. Niemand kann bestimmen, wo genau die Unbestimmtheit aufhört! Für das Konzept bedeutet dies, dass immer wieder "Präferenzen" auch aus der Empirie auftauchen können, daher ist das Präferenzsystem prinzipiell unabgeschlossen, also offen!

Die Leitunterscheidung System / Chaos (als Unbestimmtheit) bringt es mit sich, dass "ständig" neue Unterscheidungen in den Begriff "eingehängt" werden können. Das sollte aber immer "systematisch", also nicht zufällig erfolgen, damit der Begriff auch als System erhalten bleibt.

Als Beispiel kann die (notwendige) Bestimmung des Begriffs selbst dienen: eine Bestimmung ist immer auch eine Operation, die eine Beschreibung erfordert, damit sie dann auch beobachtet werden kann! Daraus ergibt sich die Begriffstrias Operation > Beschreibung > Beobachtung, die in den Begriff "eingehängt" wird, weil das eine Konsequenz der Begriffsbestimmung ist. (Hier können weitere Differenzierungen erfolgen, wie z.B. die Unterscheidung in Operation 1. bis 3. Ordnung, die sich auf die gesamte Begriffstrias ausdehnt!)

Diese (prinzipiell offene) Ausdifferenzierung des Begriffs hat die Konsequenz, dass er sich ständig intensiviert mit der Folge, dass er immer mehr Unterscheidungen auch in seiner Umwelt "sehen" kann. Es kommt daher auf die Ausdifferenzierung des Begriffs an, wieviel Umwelt theoretisch verfügbar gemacht werden kann.

Wenn man es weiter "zulässt", dass bei den Begriffsbestimmungen (Operation, Beschreibung, Beobachtung) eine zirkuläre Struktur vorliegt, dann können die Begriffe mit den 3 Ebenen ausgestattet werden. Daraus ergibt sich eine Tabelle für den Wahrheitsbegriff:

Begriff 1. Ordnung 2. Ordnung 3. Ordnung
Operation x x x
Beschreibung x x x
Beobachtung x x x
Diese "Meta-Tabelle" für den Begriff bedeutet, dass die DST einen großen Strukturreichtum für den Begriff der Wahrheit bereithält. Als starkes Highlight kommt hinzu, dass die Präferenzen der FS eine empirische Überprüfung der Wahrheit ermöglichen, sie können also laufend verbessert werden!

Das Präferenzsystem lädt leider dazu ein, aus bestimmten (z.B. marxistischen) Positionen heraus als "idealistisch" bewertet (bzw. abgewertet bis "vernichtet") zu werden. Das hat seine Berechtigung aber nur dann, wenn man nur die allgemeinen Präferenzen (ohne die zugehörigen FS) im Blick hat. Allgemeine Präferenzen haben ja die "göttliche" Eigenschaft, allgemein zu sein. Das haben sie mit "göttlichen" Positionen gemeinsam, denn die können ja auch nicht mehr als allgemein sein. Das deckt sich dann durchaus mit "religiösen", also "idealistischen" Positionen.

Aber das wäre nur die halbe Wahrheit in Bezug auf diesen Ausgangspunkt. Denn es wurde ja schon in der Rubrik "Präferenzen" angemerkt, dass sie nur mit Hilfe von Operationen realisiert werden können, die dann je nach Thema durchaus an "materielles" heranreichen. Die materielle Dimension ist also auch gegeben, nur kann sie von ihrer Position aus nicht die Präferenzen selbst bestimmen. Dem widerspricht schon die allgemeine Systemtheorie, bei der die Elemente vom System bestimmt werden und nicht umgekehrt! (Elemente sind ja z.B. sogar auch austauschbar.)

Fazit: Die DST bringt die allgemeinen (auch "göttlichen") Präferenzen über die FS operativ in die Wirklichkeit ein!

Das Präferenzsystem beginnt mit den Menschenrechten, die schon von G.W.F Hegel als "ewig" bezeichnet wurden und auch deshalb als allgemein gelten können. Man bezeichnet sie deshalb auch als "Allgemeine Menschenrechte". Die Begründung der Menschenrechte wird hier von der DST vor allem theoretisch, also vom allgemeinen Begriff aus geleistet, damit sie nicht mit bloßen "Konventionen" verwechselt werden können.

Der Begriff der DST beinhaltet auch die Unterscheidung Selbst- und Fremdreferenz, daher kann jeder Mensch im anderen Menschen ebenfalls diese Unterscheidung annehmen, oder besser anerkennen. Die Anerkennung entzieht sich aber eines Beweises, der einer Verifizierung bzw. Falsifizierung unterliegt, weil sie eine Leistung des Menschen ist und daher nicht "falsifiziert" werden kann. Das macht sie für die präferenzorientierten (globalen) Funktionssysteme mehr als interessant, da dadurch die Menschenrechte in den FS verankert werden können. Das eröffnet die Möglichkeit der 4. Generation der MR, die dadurch einen gewaltigen operativen Schub bekommen! (Näheres im Abschnitt Menschenrechte.)

Die bisherigen allgemeinen Anmerkungen zur DST haben ein "spektakuläres" Ergebnis: die bisher weithin geltende Oder - Relation zwischen Idealismus und Materialismus kann behoben und als Und - Relation gezeigt werden! Dieser "Widerspruch" wird durch das Präferenzsystem aufgelöst, weil es sowohl ins Reich der Ideen als auch durch die operative Dimension der FS bis zum "materiellen" reicht. Am besten bringt das wohl die Aussage auf den Punkt, dass das Gute mit dem Präferenzsystem in Übereinstimmung gebracht werden kann!

BESCHLUSS: Plato hat den Begriff, die Ideen, das Gute und die Dialektik in die Philosophie eingebracht, das wurde aber weitgehend einer "jenseitigen Welt" zugeordnet. Die DST bringt mit dem Präferenzsystem "das Gute" wieder in die Gesellschaft zurück, weil der "höchste Begriff des Guten" jetzt als Präferenzsystem wieder "innerweltlich" verfügbar wird. Das ist eine kaum zu überschätzende Innovation dieses Konzeptes!

Dieser "Beschluss" wird noch um den Begriff des Geistes ergänzt und schließt die DST damit begriflich ab, der "Rest" sind Ausarbeitungen der DST als DST I, DST II und DST III, sowie den Überlegungen zur Umsetzung der DST und des Konzeptes.