Die Funktionsssysteme

Die "Funktion" ist ein geläufiges Wort und bezeichnet einen Vorgang, bei dem Operationen zu einer Funktion zusammengeführt werden, um eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen. Etwas ähnliches geschieht bei den Funktionssystemen, auch hier werden Operationen zusammengefasst, um eine bestimmt Präferenz zu erfüllen. Es kommt jetzt aber eine elementare Unterscheidung hinzu:

Funktionssystem = Selbst- und Fremdsteuerung

Diese zusätzliche Unterscheidung ist der Systemtheorie (System / Umwelt) entlehnt und ändert den Blick auf die Gesellschaft: Es gibt kein FS ohne einen jeweils bestimmten Anteil an Selbst- und Fremdsteuerung !

Der Begriff der Funktionssysteme (FS) umfasst eine Vielzahl von Unterscheidungen, von denen die bisher wichtigsten die von Präferenz und Operation und die von Selbst- und Fremdsteuerung sind. Weitere Unterscheidungen werden in der Rubrik Konzept behandelt. Klar ist aber bereits jetzt, dass ohne die Beobachtung der Anteile der Selbst- und Fremdsteuerung eine verantwortliche Steuerung der (so gesehen) modernen Gesellschaft nicht nachhaltig ist!

Das Ideal für die Anteile ergibt sich von selbst: wo die Selbststeurung aufhört, sollte die Fremdsteuerung anschließen - und umgekehrt. Fehler wären demnach, wenn zwischen Selbst- und Fremdsteurung noch ein operatives Feld überbleibt, oder wenn sich diese beiden Steuerungsbereiche überschneiden. Entlang dieser Vorgabe kann eine ständige Beobachtung erfolgen.

Fazit: Ohne die Bezugnahme auf die präferenzorientierten FS der modernen Gesellschaft kann es eigentlich keine ernstgenommene Theorie geben, wenn die Nachhaltigkeit angestrebt wird!

Da die FS ihre stabilen Präferenzen (= Menschenrechte als Sollwerte) ansteuern, differenziert sich die Steuerung in Selbst- und Fremdsteuerung in ihrem Verlauf von selbst. Wenn z.B. im Gesundheitssystem eine Therapie nicht wie gewohnt erfolgreich ist, dann werden Änderungen in den bisherigen Operationen vorgenommen, bis der gewünschte Erfolg eintritt. Diese Änderung an den Operationen sind selbst wiederum Operationen, die aber an den Operationen 1. Ordnung vorgenommen werden. D.h. sie sind dann Operationen 2. Ordnung:

Steuerung = Operation 2. Ordnung

Da wir also davon ausgehen können, dass die FS ihre Operationen 1. und 2. Ordnung selbst handhaben lernen, gewinnen sie im Laufe der Zeit in ihrem Bereich immer mehr Kompetenz und erweitern so ihren Anteil an Selbststeuerung. Das verschiebt die Grenze der Selbststeuerung nach oben und die (nächste) Fremdsteuerung kann sich diesem Umstand in Richtung "Ideal" anpassen.

Wenn wir diese (dynamische) Selbststeuerungskonpetenz der FS ernst nehmen, dann hat das für die Beobachtung zur Folge, dass mit jedem FS auch die Selbstssteuerungsfähigkeit der Gesellschaft insgesamt zunimmt. Diese sich aus den FS ergebende Selbststeuerung bedarf aber noch der Ergänzung der Steuerung der FS untereinander Dazu bedarf es einer weiteren Steuerungsebene, die bereits in der Einleitung als Präferenzsystem eingeführt wurde und sich aus den Präferenzen der FS insgesamt ergibt.

Am Beispiel Wissenschaft und Gesundheit kann man beobachten, dass ein Wissentransfer seit langem bereits stattfindet - die FS finden einen Weg, das notwendige Wissen auszutauschen. Dabei gibt in diesem Beispiel das Gesundheitssystem bekannt, ob ein Erfolg erreicht wurde ober nicht, worauf die Wissenschaft dann reagieren kann. D.h. das Präferenzsystem "gibt" es bereits, nur ohne entsprechende systematische Beobachtung als System.

Fazit: Das Präferenzsystem ist bereits in Betrieb, es bedarf aber noch seiner Beobachtung!

Um auf die Ebene der Gesellschaft zu kommen, ist ein nächster Abstraktionsschritt erforderlich, der wieder eher einfach ist: alle FS werden durch Präferenzen gesteuert, die als Präferenzsystem eine eigene Ebene darstellen. Jede Präferenz ist daher global (Menschenrechte) und abstrahiert auch von den Präferenzen der FS als regionale und staatliche Realisierung.

Diese "Loslösung" (Abstraktion) von den operativen FS schafft "Platz" für die Verbindugnen (Relationen) zwischen den globalen Präferenzen und ermöglicht so die Entwwicklung des Präferenzsystems. Das erinntert an die Autopoiesis (Entwicklung der Operationen zur Selbstreproduktion), die Luhmann den FS zugeschrieben hat, was sich aber empirisch nicht halten lässt. Die >Autopoiesis kann man aber jetzt beim Präferenzsystem beobachten, weil die Präferenzen "von sich aus" Relationen zu den anderen Präferenz aufbauen und so eine Autopoiesis als Selbstverwirklichung der Präferenzen "durchscheinen" lassen.

Der Begriff der Autopoiesis entstammt der Biologie und wurde u.a. von Maturana entwickelt. Er soll die Eigenschaft der tierischen Lebewewesen beschreiben, die durch die Aufnahme von Energie diejenigen "Werkzeuge" entwickeln, die sie als Selbstreproduktion zur Aufnahme der benötigten Energie benötigen. Dieser Begriff wurde von Luhmann aufgenommen und auf die Funktionsssysteme angewendet, wodurch die Eigenschaft der FS "am besten" beschreibbar sein soll.

Dem widerspricht jedoch die Realität der FS, die ja eine unverzichtbare Aufgabe (Funktion) für die Gesellschaft erfüllen sollen. Z.B. hat der Staat die Aufgabe der Rechtspflege und bedarf dazu des Rechtssystems. Würde man hier die biologische Metapher eines "Rechtstieres" anwenden, dann "verdaut" das FS Recht die Rechtsfälle ausschließlich zu dem Zweck, sich selbst zu erhalten. Das widerspricht direkt der Aufgabe des FS Recht, einer rechtsbasierten Aufrechterhaltung der Gesellschaft insgesamt zu dienen. Der Anteil der Selbststeuerung des Rechts ersetzt die "Autopoiesis" und ergänzt sie durch Fremdsteuerung.

Der bisher erarbeitete Standpunkt der präferenzorientierten FS lässt sich nach der Unterscheidung von Präferenzen (des Präferenzsystems) und den operativen FS in den Regionen sehr gut für die Nachhaltigkeit einsetzen. Da der Begriff der Nachhaltigkeit als Einheit der sozialen, ökonomischen und ökologischen Dimensionen der Gesellschaft bestimmt ist, lassen sich die präferenzorientierten FS für die soziale Dimension einsetzen.

Während also das Präferenzsystem sich auch autopietisch entwickwelt, bedarf es doch der Unterstützung durch die einzelnen Staaten. Hier hilft der Abschlussartikel 30 der Menschenrechte (MR), der sinngemäß besagt, dass auch kein Staat Einrichtungen erhalten darf, die sich gegen einzelne Artikel der MR richten. Dieses Verbot würde die Selbststeuerung der FS stärker an den verplfichenden MR ausrichten. Das hilft dabei, die MR über die FS auch global zu verbreiten und ist auch von daher verpflichtend.